Heimattreffen Gebirgsneudorf - Katharinaberg 2013

von Reinfried Mooz

Nach 5 Jahren waren wir wieder einmal beim Ortstreffen der Gebirgsneudorfer und Katharinaberger in Deutschkatharinenberg. An vertrautem Ort - im „Huthaus“, dem Empfangsgebäude des hiesigen Schaubergwerks. Vertraut saßen auch die meisten Anwesenden in ihren festen Gruppen beisammen. Ob Geburtsjahrgang, Jugendfreundschaften, Familien oder die heutigen Wohnorte die Gruppierung bestimmten, haben wir nicht herausgefunden. Wir wussten aber, dass es die „Neuen" und vor allem die Jüngeren schwer haben, hier Anschluss zu finden. Teilnehmerlisten, Tischkarten, Anstecker oder Begrüßungsrituale, die eine Namens- oder Ortsfindung erleichtert hätten, gab es nicht. Solche Hilfsmittel brauchen die Älteren natürlich nicht - sie sind regelmäßig da und freuen sich vielleicht das ganze Jahr darauf. Genau hier liegt das Problem, erkannte der Festredner Rainer Schmieder: Um die mitgekommenen Kinder und Enkel für die alte Heimat zu interessieren und sie an uns zu binden, muss man Angebote machen, die über Gastronomie, Kirche und Friedhof hinausgehen. Da wusste noch keiner, dass alle 7 Kinder von Erika Griessl aus Lauchheim noch anreisen würden. Einige Tipps zu anderen Veranstaltungen und Reisezielen in der Nähe gab es schon - darunter die Kunde, dass in diesem Jahr die Gebirgsneudorfer Kirche wiederhergerichtet wird, sogar mit neuem Zwiebelturm!

Das hat unsere Neugier geweckt und so haben wir uns noch am Abend zu Fuß in Richtung der beiden Neudörfer aufgemacht. Tatsächlich ist die Kirche bereits fertig schiefergedeckt und auch der Verputz ist weit fortgeschritten. Die Turmkuppel ist gezimmert und steht wohlbewacht auf Privatgrund gegenüber. Das Kupferblech wird man wohl erst vollständig aufbringen, wenn der Zwiebelturm bald darauf auf den Turmsockel gesetzt wird. Im Abendsonnenschein sah alles schon verheißungsvoll aus und ließ vergessen, in welch schlechtem Zustand die Kirche zuletzt war. Hier hatten meine Eltern im November 1939 geheiratet und hier wurde ich Ende 1944 getauft. Das benachbarte ehemalige Pfarrhaus ist noch im Zustand des Verfalls. Während die Kirchen von Kleinhan und Katharinaberg nur durch hohe Geldspenden der vertriebenen deutschen Bewohner wiederherzustellen werden konnten, so scheint das hier eine tschechische Erdgasfirma zu bezahlen, für den Waldverbrauch der Rohrtrasse.

Die Ausgleichsmaßnahme hätte ja auch ein Spaßbad sein können ... Also Dank denen, die sich für die Kirche entschieden haben. Aber wer wird die neue Kirche nutzen, wenn sie denn auch innen hergerichtet sein sollte? Christen dürfte es hier noch weniger als in Sachsen geben. Und werden wir sie im nächsten Jahr beim Heimattreffen auch zum Gottesdienst nutzen können, wenn 2014 das 450. Gründungsjahr des Dorfes begangen wird? Oder gibt es hier gar Konzerte wegen der besonderen Akustik? Mit solchen Gedanken machten wir uns auf den 5 km weiten Rückweg und kamen dabei kurz vor dem Grenzübergang in der Straßenkurve nach Böhmisch-Einsiedl vorbei an meinem Geburtshaus. Für das „Bistro Hubert“, das nun darin eingerichtet ist, war diesmal keine Zeit mehr. Aber am Mahnmal zur Erinnerung an den Todesmarsch der Komotauer Männer haben wir doch innegehalten. Hier am Grenzbach, der Schweinitz, schon in Deutschneudorf, steht auf der Gedenktafel endlich mehr als der (auch bei uns!) immer öfter anzutreffende Standardsatz „Den Opfern des Krieges“. Er wird gern bemüht, wenn man sich nicht mit der konkreten Geschichte am Ort auseinandersetzen will. Für die Opfer vom Juni 1945 wäre dieser Satz sowohl inhaltlich wie auch zeitlich falsch.

Im Gasthof Oberlochmühle trafen wir dann doch noch auf unsere Bekannten und konnten uns für den Folgetag in Katharinaberg verabreden. Leider wollte niemand mit uns zu Fuß hingehen. Umso mehr waren wir erfreut, auf dem Fußweg „Ecce homo“ unsere Tischnachbarn vom Vorabend (Walter Mock und Ehefrau) zu treffen. Vom ziemlich zugewachsenen Weg, der unweit vom Grenzübergang zwischen beiden Katharinabergs beginnt und steil aufwärts zur Stadt hinaufführt, zeigten sie uns sein Elternhaus unten im „Grund“. Der 10-Uhr-30-Gottesdienst mit zwei sächsischen Pfarrern bot Überraschungen: Die Kirche muss nicht mehr (wie noch 2008) über eine Kabeltrommel elektrisch versorgt werden und der evangelische Pastor spielte Keyboard-Orgel zur Schubertmesse, der sein katholischer Kollege vorstand. Also eine ökumenische Messe der anderen Art. Die Predigt über die Sprache, die trennen wie verbinden kann, passte hierher. Leider waren kein tschechischer Amtsbruder und nur einzelne Teilnehmer des Stadtfestes zugegen, denn der Gottesdienst stand nicht im Festprogramm und für 10:30 Uhr waren draußen die deutschen Bergmannskapellen angekündigt.

Auf dem jetzt baumlosen Marktplatz, heute „Platz der Pioniere“, ging das Stadtfest zum 485. Jahrestag der Stadtgründung (1528) weiter. Auf der Bühne neben der Schule wurde durchgehend Programm geboten. Die Ansagen waren zweisprachig. Leider haben wir den offiziellen Teil und den Auftritt der Seiffener Bergleute verpasst. Großen Beifall bekamen am Nachmittag die musikalischen Darbietungen der Kindergarten- und Grundschulkinder aus Deutschneudorf, die einige Lieder auch auf Tschechisch konnten. Warum es aber im farbigen Programmheft (mit 2 Ansichtskarten von etwa 1935) nicht mehr zu einem deutschsprachigen Einlageblatt gereicht hat und es an den Marktständen keine Preisauszeichnungen in Euro gab, bleibt unverständlich. Hier hat man das Potenzial der zahlreichen deutschen Besucher (auch von unserem Heimattreffen) verschenkt. Auch auf dem nahen „Wachhübl“ schien man zum Mittagessen nicht wirklich mit Gästen gerechnet zu haben, denn es gab nur eine Bedienkraft und wie wir, kehrten viele wieder um. Wir sahen aber noch nach, wie es um das Anton-Günther-Denkmal am Fuß des Berges herum aussieht: Gut, und der noch blühende Rhodo­dendron am Kriegerdenkmal gab ein schönes Fotomotiv ab.

In der Schule waren wir angetan von der guten Ausstattung der Klassenräume, vor allem des PC-Kabinetts, das durchweg mit Tablets statt der herkömmlichen PCs bestückt war. Die ausgestellte Schul- und Ortsgeschichte zeigte auch deutsche Ansichtskarten von „Katharinaberg im Erzgebirge“ und „Spielzeugstadt Katharinaberg im Sudetengau“ (aus dem Bestand von Herrn Kräl). Für eine Schule mit Deutsch als Fremdsprache müssen wir aber immer auf die falschen Leute getroffen sein - keiner sprach Deutsch, außer dem Sohn von Herrn Kral, den wir schon von der deutschen Ansage auf der Bühne kannten.
Den „Ecce homo“-Fußweg bergab braucht man nur 45 Minuten, bis man wieder im Huthaus angelangt ist, denn das für den Sonntagvormittag geplante Totengedenken auf dem Gebirgsneudorfer Friedhof wurde ins Haus verlegt. Trotz des sachlichen Ortes gelang eine würdige Ehrung, auf der Rainer Schmieder die passenden Worte fand und die einen emotionalen Höhepunkt hatte, als Elli Vier (aus Katharinaberg) und Erich Philipp (aus Gebirgsneudorf) das Anton-Günther Lied „s 'ist Feierohmd" anstimmten.

Wir fanden dabei für uns heraus: Mehr als das Wort wirkt doch die Musik, wenn man der Heimat und den verstorbenen Eltern so nahe ist. Das merkten wir schon in der Kirche, als Elli die morgendliche Hl. Messe spontan mit dem Lied vom „Feierohmd“ abschloss.

Über eine spezifische Ansprache Jüngerer muss weiter nachgedacht werden - aber das müssen diese selbst vorbringen und dann manches auch anders machen dürfen. Dazu gehört auch die von Rainer Schmieder mehrmals angesprochene Nachfolgefrage für die schon betagten Organisatoren. Wir danken den Organisatoren Elli Vier, Rainer Schmieder und Erich Philipp (vielleicht waren es auch noch weitere) für das umsichtig vorbereitete Treffen und dem Herrgott für das freundliche Wetter, genau zwischen Tagen mit Tropenhitze und Dauerregen.

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